Welcher Umgang mit überlassenen und vererbten Fotografien ist sinnvoll?
Ist es wichtig eine Auswahl zu treffen und sich von den übrigen zu trennen?
Werden diese Fotografien in Museen aufgehoben, museal erschlossen und erforscht? Solche Fragen wurden am 18. Februar im Lette-Verein diskutiert:
Gefundene Familienfotos – ein Fall fürs Museum, die Altpapiersammlung, oder wohin damit?
Eine Podiumsdiskussion im Lette-Verein
Im Gespräch waren Vertreter aus den Bereichen Museum, Galerie, Wissenschaft und der Fotografiepraxis, darunter der Galerist Rudolf Kicken, die Fotokuratorin Dr. Irene Ziehe aus dem Museum Europäischer Kulturen, die Fotografiehistorikerin und Dozentin am Lette-Verein Dr. Katharina Hausel und der Fotograf Stefan Maria Rother. Das Gespräch moderierte Claudia Henne, Redakteurin Bereich Kultur beim rbb.
Für mich war es ein sehr interessanter Abend. Vor allem die unterschiedlichen Blickwinkel auf diese Fragen war spannend. Deutlich wurde mir wieder, dass zur Interpretation von Fotografien der Entstehungsprozess einbezogen werden muss.
Hier eine Zusammenfassung meiner Notizen über die Gesprächspunkte Auswahl von Fotografien, private und digitale Fotografien
Auswahl und Bewerten von Fotografien
Die Erschließung von Fotografien ist ein längerer Prozess. Für Museumssammlungen und für die Wissenschaft sind daher Kontexte wichtig. Ein Beispiel ist die Erforschung vergangener Lebenswirklichkeit bei der Fotografien wichtige Quellen sind. Nur eine Auswahl einzelner Fotografien aus einem Konvolut zu erhalten wäre eher ein Nachteil. Die Frage ob ein fotografisches Konvolut in die Museumssammlung aufgenommen wird ist eine Frage des Sammlungskonzeptes.
Auf dem Kunstmarkt ist die Qualität und der daran gekoppelte Marktwert ein wesentliches Kriterium für die Auswahl von Fotografien. Allerdings kommt es auch vor, dass die Qualität der Fotografien auch erst in einer späteren Bewertung entdeckt und erkannt werden. Erfahrung und Fingerspitzengefühl sind wichtig.
Für den professionellen Fotografen ist die Auswahl Teil seines Arbeitsprozesses sowohl bei der Entstehung der Fotos als auch bei der Vermarktung.
Private Fotografie
Analoge Fotografien, die als Nachlass Museen angeboten werden, können auch aus dem privaten und familiären Umfeld stammen. Es sind beispielsweise Familienfotos oder Atelieraufnahmen. Diese privaten Fotografien zeigen einen Einblick in die Alltagskultur, dokumentieren Kleidung, Wohnräume oder Familienbeziehungen. Auch Knipser Fotos sind in nach der Publikation von Timm Starl in den Fokus des Interesses gerückt. Sie können nicht ganz erschlossen werden, weil die private Erinnerung und damit der emotionale Erinnerungswert des Fotos nicht im Bild ganz erklärbar ist.
Private Fotografien werden allerdings oft von ihren Besitzern selbst aussortiert und weggeworfen und es ist auch ein Glücksfall wenn ein Fotoalbum mit Notizen und Datierung vollständig überliefert ist.
Gefundene private Fotografien gibt es im Kunst-Kontext und werden sowohl als Thema als auch als Materialsammlung aufgearbeitet.
Digitale Welt
Die digitale Fotografie bildet eine Zäsur, fotografieren ist heute ein Massenphänomen. Auch die Praxis hat sich verändert, beispielsweise erfolgt der erste Auswahlprozess kurz nach der Herstellung noch am Display der Kamera. Möglicherweise wird es zukünftig auch schwieriger Produktionsprozesse und Kontexte zu rekonstruieren.
Wichtige Fragen sind auch was bleibt dauerhaft erhalten aus der digitalen Fotografie? Ausgedruckte Bilder? Fotobücher? Datenträger? Hier müssen neue Methoden gefunden werden, wie Kontexte erschlossen werden.
Nicht in angesprochen wurden der ganze Bereich der Metadaten und der Arbeitsprozess am Computer, der auch einen großen Unterschied zur analogen Fotografie ausmacht. Auch Tools für Bewertung und Auswahl ist mittlerweile Standard bei Software, mit der Fotos nachbearbeitet und verwaltet werden.