Christiane Necker, Aug 2nd, 2010
Planen mit unbekannten Größen – Schätzen
Um eine Zeitplan, ein Konzept, einen Workflow, ein Budget oder ein Angebot zu erstellen muss man schätzen und überschlagen. Oft sind Schätzungen die ersten Zahlen mit denen geplant wird und der Erfolg eines Projektes hängt an dieser Abschätzung und Grobkalkulation.
Wer will sich schon verschätzen?
Unbekannte Größen – Schätzen bei Erstinventarisierung
Im Alltag spricht man von Schätzung, wenn das Ergebnis auf raschem Weg nach dem Augenschein, mit Intuition und mittels Erfahrung bestimmt wird – „Pi mal Daumen“.
Genauer ausgedrückt, ist eine Schätzung die intuitive Zahlenangabe oder Bewertung von messbaren (meist physikalischen) oder zählbaren Größen.
Bei einer Erstinventarisierung hat man oft keine genauen Zahlen wie viele Objekte und Artefakte zu einer Sammlung gehören oder man hat Zahlenangaben bei denen man nicht sicher ist wie genau sie sind, woher sie stammen und ob sie als Grundlage dienen können. Oder ob die überlieferte Dokumentation sogar in die Irre führt.
In einem solchen Fall muss man für ein Inventarisierungskonzept die Zahlen der Objekte und Objektgruppen abschätzen um den Ablauf sowie den zeitlichen wie auch materiellen Umfang der Inventarisierung planen zu können. Dabei helfen eigene Erfahrungswerte, gut dokumentierte Projekte und vergangene Schätzungen.
Eine wichtige Hilfe für die Schätzung sind Stichproben
Die Bezeichnung Stichprobe kommt aus dem Warenhandel. Auf Märkten wurde beispielsweise in Säcke mit Kaffee oder in einen Käselaib hineingestochen und damit die Qualität des „Stichs“ überprüft.
Eine Stichprobe ist damit eine Teilmenge einer Grundgesamtheit, die unter bestimmten Gesichtspunkten ausgewählt wird und durch die man sinnvoll auf eine Grundgesamtheit schließen möchte.
Im mathematischen Sinne können Stichproben im Bezug auf eine bestimmte Frage „gut“ und repräsentativ sein – aber sie geben keine grundsätzlichen Aussagen oder sind auf eine andere Frage übertragbar.
Beispiel: Beliebige 25 Briefmarken einer Briefmarkensammlung sind als Stichprobe zur Ermittlung des Gewichts repräsentativ. Die gleichen Menge ist aber in Bezug auf den Wert der Sammlung sicher nicht repräsentativ.
In Sammlungsobjekte wird natürlich nicht hineingestochen um Stichproben zu ermitteln. Die Schätzungen beziehen sich beispielsweise auf Größe, Anzahl, Gewicht und Volumen.
Ermittlung der Anzahl durch Volumenschätzung – ein Praxisbeispiel
Wir hatten einmal mehrere Kisten und Körbe voll mit Stempel zu verzeichnen. Um eine Größenordnung für die Menge der Stempel zu schätzen hatte wir zuerst „Pi mal Daumen“ geschätzt. Das Ergebnis war nicht sehr genau und wir haben die zweite Schätzung basierend auf einer Stichprobe mit Volumenschätzung gemacht.
Dafür haben wir eine Pappschachtel mit einer Stichprobe der Stempel gefüllt und danach die Anzahl der Stempel gezählt, die in diese Schachtel gepasst haben.
Wir haben dann das Volumen der Schachtel und das Volumen der Kisten und Körbe berechnet und dadurch eine, wie sich später rausstellte, sehr gute Abschätzung bekommen.
Im Fall der Stempel war die Wahl der Stichprobe recht einfach weil es eine homogene Menge war und die Größenverhältnisse nicht so stark variierten. Für andere Fälle bei denen eine Stichprobe weniger repräsentativ ist wiederhole ich die Stichprobe mehrmals und nehme den Durchschnitt als Anhaltspunkt.
Mit Testläufen den Zeitaufwand schätzen
Um den Zeitplan und den Workflow gut zu planen kann ich aus eigener Erfahrung empfehlen, Testläufe zu machen und dabei die Zeit stoppen, die gebraucht wird für einen ganzen Durchlauf.
Am besten sollten die Testläufe vollständig gemacht werden und unter realen Bedingungen.
Wichtig ist, auch bei Testläufen repräsentative Stichprobe zu wählen und eine vorher definierte Anzahl der Durchläufe zu machen.
Der Zeitaufwand wird geschätzt nach Auswertung der Testläufe. War die zeitliche Streuung gross oder nicht? Bei grossen Streuungen muss man vorsichtig sein, da kann eine Schätzung schnell daneben gehen. Lieber mit Ober- und Untergrenzen rechnen und nicht genauer sein als man wirklich kann!
Erfahrungen dokumentieren hilft bei späteren Schätzungen
Wie immer sind Erfahrungen auch beim Schätzen unbezahlbar. Auch wenn es erst einmal ein Mehraufwand ist, die Schätzungen und Kalkulationen mit den Methoden, die man angewendet hat, gut zu dokumentieren – es lohnt sich! Man kann die Schätzung dann den später ermittelten konkreten Zahlen entgegensetzen und hat Zahlen zur Beurteilung des Projektablaufes.
Als Erinnerungsstütze sind Arbeitsfotos der Ausgangslage hilfreich, die meinen ersten Eindruck vor der Inventarisierung festhalten, die Objekte wie ich sie vorgefunden habe, den Zustand der Räume und Ablagesysteme. Handyfotos reichen dafür aus.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Ich bin sehr interessiert an anderen Beispielen und freue mich auf Ihre Kommentare.